BGH > Haftung für ungesicherten WLAN-Anschluss

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Moderator: Gloria

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admin
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BGH > Haftung für ungesicherten WLAN-Anschluss

Beitrag von admin »

Entscheidung v. 12.05.10 des BGH:

Privatpersonen können auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird.

Die Pressemitteilung des BGH:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... 01&Blank=1
Schnippel
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Beitrag von Schnippel »

Warum denn extra das Forum verlassen?

Hier der Text der Pressemeldung des BGH:

Haftung für unzureichend gesicherten WLAN-Anschluss

Privatpersonen können auf Unterlassung, nicht dagegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird. Das hat der u. a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden.

Die Klägerin ist Inhaberin der Rechte an dem Musiktitel "Sommer unseres Lebens". Mit Hilfe der Staatsanwaltschaft wurde ermittelt, dass dieser Titel vom Internetanschluss des Beklagten aus auf einer Tauschbörse zum Herunterladen im Internet angeboten worden war. Der Beklagte war in der fraglichen Zeit jedoch in Urlaub. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben, soweit das Berufungsgericht die Klage mit dem Unterlassungsantrag und mit dem Antrag auf Zahlung der Abmahnkosten abgewiesen hatte. Der BGH hat angenommen, dass eine Haftung des Beklagten als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung nicht in Betracht kommt. Auch privaten Anschlussinhabern obliegt aber eine Pflicht zu prüfen, ob ihr WLAN-Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen vor der Gefahr geschützt ist, von unberechtigten Dritten zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen missbraucht zu werden. Dem privaten Betreiber eines WLAN-Netzes kann jedoch nicht zugemutet werden, ihre Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Ihre Prüfpflicht bezieht sich daher auf die Einhaltung der im Zeitpunkt der Installation des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen.

Diese Pflicht hatte der Beklagte nach Auffassung des Bundesgerichtshofs verletzt. Er hatte es bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen des WLAN-Routers belassen und das Passwort nicht durch ein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort ersetzt. Ein solcher Passwortschutz war auch für private WLAN-Nutzer bereits im Jahre 2006 üblich und zumutbar. Er lag im vitalen Eigeninteresse aller berechtigten Nutzer und war mit keinen Mehrkosten verbunden.

Der Beklagte haftet deshalb nach den Rechtsgrundsätzen der sog. Störerhaftung auf Unterlassung und auf Erstattung der Abmahnkosten (nach geltendem, im Streitfall aber noch nicht anwendbaren Recht fallen insofern maximal 100 € an). Diese Haftung besteht schon nach der ersten über seinen WLAN-Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung. Hingegen ist der Beklagte nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Eine Haftung als Täter einer Urheberrechtsverletzung hat der Bundesgerichtshof verneint, weil nicht der Beklagte den fraglichen Musiktitel im Internet zugänglich gemacht hat. Eine Haftung als Gehilfe bei der fremden Urheberrechtsverletzung hätte Vorsatz vorausgesetzt, an dem es im Streitfall fehlte.

Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens

OLG Frankfurt, Urteil vom 1. Juli 2008 – 11 U 52/07 (GRUR-RR 2008, 279) LG Frankfurt, Urteil vom 5. Oktober 2007 – 2/3 O 19/07

Karlsruhe, den 12. Mai 2010

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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Caru
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Beitrag von Caru »

Das schliesst sich ja in einigen Punkten fast nahtlos an die Entscheidung des BGH zu Googles Bildersuche an. Beides werde ich mir mal bei Gelegenheit ansehen.
Schnippel
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Beitrag von Schnippel »

Ja, so ändern sich die Zeiten. Heute muss man bei Kauf von irgendwas auch immer gleich fragen, welche rechtlichen Aspekte es zu beachten gibt.

Zu Risiken fragen Sie Ihren Verkäufer oder Anwalt. Oder lesen Sie den Beipackzettel.
Gloria
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Beitrag von Gloria »

Diese Störerhaftung, bzw. Mitstörerhaftung wurde ja von den Gerichten in den letzten Jahren immer mehr und mehr ausgedehnt und ein Ende ist nicht abzusehen.

Interessant finde ich die Formulierung: Privatpersonen, Unterlassungsanspruch ja, schadensersatzpflichtig nein. Woraus sich die Frage ergibt, wie es bei den Nichtprivaten aussieht.
Schnippel
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Beitrag von Schnippel »

Das würde ja in der Konsquenz bedeuten, dass z. B. eine Firma dann auch noch Schadensersatz leisten müsste, für einen Schaden den ein anderer verursacht hat.

Verkehrte Welt.
Caru
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Beitrag von Caru »

Zunächst heisst das ja mal in der Konsequenz, dass ein Gericht voraussetzt, dass jeder Nutzer eines W-Lan grundsätzlich wissen muss, dass man damit auch Unfug treiben kann und das ist schon, nach meiner Meinung, sehr weit hergeholt. Und dann soll oder muss er auch noch wissen, dass man mit seiner Leitung etwas runterladen und so gegen Urheberrecht verstossen kann. Und zum Schluss muss er auch noch wissen, dass er deswegen von einem Urheber auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
usb
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Beitrag von usb »

Das sollen die mal meinem Onkel erzählen. Der hat sich ein Wlan angeschafft, damit er mit seinem Lap im Garten Bilder von halbangezogenen Hühnern anschauen kann. Der hat einen ganzen Tag gebraucht um die Bedienungsanleitung nicht zu verstehen und hat dann mich angerufen.
Gloria
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Beitrag von Gloria »

Diese Entscheidung kann man ja noch halbwegs nachvollziehen.
admin
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Re: BGH > Haftung für ungesicherten WLAN-Anschluss

Beitrag von admin »

Rotakidnisiewhcan1021
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